Die Freude stand ihm ins Gesicht geschrieben. „Ja, heute hat fast alles gepasst“, schmunzelte Max Kramer, nachdem er mit neun Schlägen unter Par die beste Runde aller Professionals auf den Wissmannshofer Platz gezaubert hatte. Damit gewann der früherer Fuldaer überlegen das ProAm Becks & Boys. Ein solches Ergebnis war nicht unbedingt zu erwarten gewesen, hatten doch widrige äußere Bedingungen geherrscht. „Angesichts des starken Windes hatten wir fast schottische Verhältnisse. Da brauchte man schon mal zwei oder drei Schläge mehr“, räumte der Champion ein.
Mindestens ebenso viel Aufmerksamkeit erhielt Initiator und Organisator Fabian Becker – insbesondere als er zum Finale Stellung zu seinen Zukunftsperspektiven nahm. Nachdem sich Daniel Wünsche bei den ProDays zuvor in guter Form gezeigt hatte, blickte der Lokalmatador mit gemischten Gefühlen auf die Runde zurück. „Mit meinem Spiel bin ich nicht zufrieden. Dagegen hat unser Team gut abgeschnitten“, fasste er zusammen. „Ich komme leider zu wenig dazu, zu trainieren“, bedauerte Wünsche und verwies darauf, dass es sich gerade mal um seine achte Runde in der aktuellen Saison gehandelt habe. Die Wissmannshofer Anlage, so der Pro, habe sich in guter Verfassung präsentiert.
Drei Schläge vor Max Röhrig
Mit drei Schlägen Vorsprung und damit souverän gewann Max Kramer (63) die Wertung der Professionals. Es folgten Max Röhrig (66) und Julian Kunzenbacher (69). Vierter wurde Alexander Knappe (70), der auf DP World Tour aktiv ist – der prominenteste Name im Feld. Hinter ihm platzierten sich Benjamin Wuttke (71), Manuel Kempe (72), Mark Steckmann (72), Uli Weinhandl (73) und Alexander Tranacher (73). Als beste Proette kam die Hardenbergerin Ann-Kathrin Lindner (75) auf Rang 10 ins Clubhaus. Die Bruttowertung der Teams entschieden Benedict Thalmayer, der Bielefelder Jan Semmerling, Lokalmatador Christopher Vogt und der Hardenberger Max Besmens (58) für sich. Dahinter kamen Max Kramer, Franz Schwarz, Danilo Crocomut und Rosemarie Riederer (59) ins Ziel.
Mit 62 Schlägen landeten Alexander Knappe, Dragan Tomic, Kai Ullrich und Giuseppe Di Giglio auf Rang 3 – gemeinsam mit Gastgeber Fabian Becker, Michael Allendorf, Mario Basler und Manuel Friedrich (62). Im Nettoklassement ging es extrem eng zu, es entschieden die Stellen hinter dem Komma. Das Quartett Thalmayer, Semmerling, Vogt, Besmens (56,3) siegte vor Kramer, Schwarz, Crocomut, Riederer (56,7) sowie Knappe, Tomic, Ullrich, Di Giglio (58,3). Rang 4 belegten Daniel Wünsche, Alexander Decker, Christian Schmitt und Christian Matthiessen (59,1). Das Team Becker, Allendorf, Basler, Friedrich (59,4) wurde Fünfter, gefolgt von Martin de Nardo, Max Weinhold, Axel Feddeck und dem Escheberger Ralf Kraft (60,0).
Ziemlich vom Winde verweht
Burckhard Juhlke war mit Legende Heinz-Peter Thül gemeinsam unterwegs gewesen, den wiederum dessen Ehefrau als Caddie begleitete. Zwei Birdies, zwei Bogeys und 14 Pars verzeichnete das Quartett. „Heinz-Peter hat einen faszinierend lockeren Schwung. Er spielt ganz ruhig und unaufgeregt“, lobte Juhlke. Dem Team habe der frühere Crack der European Tour engagiert geholfen, während seine persönliche Runde schlechter verlaufen sei. Insbesondere bei den Annäherungen ließ Thül seine ganze Klasse erkennen. „Aus 100 Metern Entfernung legt er den Ball häufig einen Meter neben die Fahne“, geriet Juhlke ins Schwärmen. Thül gab sich poetisch. „Unser Turnier war heute ein wenig vom Winde verweht, um einen Filmklassiker zu zitieren“, witzelte er. Für ihn sei es schön gewesen, nach einjähriger Pause wieder dabei zu sein. „Es ist großartig, was die beiden Beckers hier auf die Beine stellen“, betonte der Mann mit dem Kölschen Zungenschlag. Er freue sich stets darauf, viele vertraute Gesichter aus der Branche wiederzusehen. Nach wie vor arbeitet Thül als Teaching Pro im Kölner Raum. Dem Club Am Alten Flies hält er seit 18 Jahren die Treue. „Die Fahrt nach Kassel bzw. auf den Wissmannshof lohnt sich immer“, zollte die Ikone des deutschen Golfsports den Gastgebern Respekt. Dem wollte Giuseppe „Pino“ Di Giglio nicht widersprechen. Der Assekuranz-Spezialist war gemeinsam mit Kai Ullrich, Dragan Tomic und Pro Alexander Knappe unterwegs gewesen. „Wir haben viel Spaß gehabt und uns recht gut ergänzt“, erklärte Di Giglio und ergänzte mit Blick auf Knappe: „Alex hat eine Menge richtig geiler Schläge auf den Platz gezaubert.“ Tomic, im schicken Lindeberg-Outfit gekleidet, zeigte sich angetan. „Das ProAm ist eines der schönsten Turniere des Jahres“, so der Wissmannshofer. Knappe als Longhitter zu erleben, sei großartig gewesen. „Er ist ein sympathischer junger Mann, der sich nach seiner Verletzung langsam wieder an das Feld heranarbeitet“, sagte Tomic.
„Wir sind restlos ausverkauft“
Dr. Felix Reichert, Chef des IT-Unternehmens Starke + Reichert, war speziell für das Event aus Luzern angereist, wo er seit dem Sommer zuhause ist. Mit seiner Runde zeigte er sich zufrieden. Die Stimmung im Flight sei super gewesen, „wir hatten eine tolle Runde“, freute sich Reichert. Den Durchgang hatte er gemeinsam mit Jan Scheller, Jonas Damm und Pro Benedikt Staben gespielt. „Benedikt ist ein lockerer Typ, dem als Joker großartige Schläge für unseren Team-Score gelungen sind“, so der Unternehmer. Dirk Lassen engagierte sich als Sponsor bei dem Turnier. „Willi Becker zu Liebe mache ich das“, unterstrich er und berichtete von der gemeinsamen Freude am Fußball. Lassens Herz schlägt nach wie vor für den deutschen Volkssport Nummer 1. Gemeinsam mit Dr. Andreas Fehr, Oliver Kuhn und Willi Becker begleitet er gelegentlich die Nationalmannschaft bei ihren Reisen durch die Welt. Auch bei der Europameisterschaft im eigenen Land war das Quartett gemeinsam in den Stadien gewesen. Ob er Lust habe, Golf zu spielen? „Nein“, winkte Lassen ab. Das sei ihm viel zu zeitaufwendig.
Schließlich müsse er noch arbeiten… Achim Vogelsberg sprach von „einem wunderschönen Golftag“. Das Team habe recht gut gespielt, „wir haben uns prima ergänzt“. Gemeinsam mit Golfmanager Klaus Maag, Sohn Maximilian Vogelsberg und dem Gudensberger Thomas Völker hatte Vogelsberg agiert.
„Das ProAm ist schon eine fantastische Veranstaltung. Fast an jeder zweiten Bahn winke ein neues Highlight, pausenlos werde man verwöhnt.“
Auch Helmut Gassmann ist regelmäßig beim ProAm dabei. Der Hardenberger, der sich beruflich als Automobil-Unternehmer einen Namen gemacht hat, lobte ebenfalls die Initiatoren. „Das Event ist sensationell, besser geht es nicht“, so Gassmann. Und fügte die rhetorische Frage an: „Tolles Golf, tolle Party. Was will man mehr?” Willi Becker freute sich über die Resonanz. „Das war eines der besten Events, das wir organisiert haben“, fasste der Nordhesse zusammen. Während viele Golf-Veranstaltungen einen geringeren Zulauf verzeichneten, „sind wir gewachsen“, so Becker. Von 27 auf 30 Professionals bzw. Teams habe sich das Feld vergrößert. Damit waren 120 Aktive auf der Runde unterwegs gewesen. „Wir dürfen auf unser Schild „Restlos ausverkauft“ schreiben“, jubelte der Organisator.
Alle zwei Monate in Fulda
Derweil nahm Max Kramer die Glückwünsche zu seiner Top-Leistung entgegen – und gönnte sich ein Bier. Kürzlich war er zusammen mit seiner Ehefrau und dem zweijährigen Sohn Maximilian von Düsseldorf nach Süden, an den Starnberger See umgezogen. Dort leitet er eine Golf-Academy, ist als Trainer aktiv. Kramer bedauert, dass er mittlerweile kaum noch dazu komme, Turniere zu spielen. „Die verbleibende freie Zeit verbringe ich mit meiner Familie“, so der frühere Fuldaer. Apropos Domstadt: Dort ist Kramer ziemlich regelmäßig zu Gast. Etwa alle acht Wochen reist er nach Osthessen, um dort seine Eltern zu besuchen.
„Die freuen sich natürlich riesig darauf, wenn sie ihren Enkel aufwachsen sehen“, strahlte der stolze Vater und zeigte sich zuversichtlich, im Winter noch häufiger als während der Saison in Richtung Rhön aufzubrechen. Seinen Spross bringt er morgens in die Kindertagesstätte. „Dann sehe ich Maximilian“, sagt Kramer. Abends, wenn er gegen 21.00 Uhr nach Hause komme, liege der Kleine längst im Bett und schlafe. Sein Job als Trainer erfüllt ihn.
„Es macht mir Spaß, anderen das Golfspielen beizubringen oder ihnen zu helfen, sich zu verbessern“, erklärte er.
Ihm sei es egal, mit welcher Spielstärke der Schüler zu ihm komme. Solange sie oder er Lust auf den Sport habe und zulegen wolle, helfe er gern. „Wenn ich abends eine WhatsApp bekomme und jemand schreibt mir von seinen Fortschritten oder Erfolgen im Turnier, dann freue ich mich sehr“, erläuterte das frühere Enfant Terrible.
Haremza: Heute lief es nicht
Während Kramer den Trubel sichtlich genoss, ging es Marcel Haremza völlig anders. Der einst so erfolgreiche Pro war ziemlich bedient. „Ich habe eine schlechte Runde hinter mir. Heute lief gar nix“, ließ er keinen Zweifel. Sein Groll bezog sich insbesondere auf eine Bahn, an der es knüppeldick gekommen war: Den ersten Abschlag verzog Haremza nach links, den anderen nach rechts. In beiden Fällen ließ sich der Ball nicht finden. „Danach war die Luft raus, und ich habe nur noch für das Team gespielt“, machte der Dortmunder deutlich – und unterzeichnete seine Score-Card mit dem für ihn ungewöhnlichen Vermerk „No return“. Solche Tage gebe es, tröstete sich der Pro, der an vier Academies in Süddeutschland aktiv ist und häufig Golfreisen organisiert.
„Die Nachfolge ist geregelt“
Ein Geheimnis gab Fabian Becker am Ende des ProAms dann doch noch preis. Er werde künftig das Maklerbüro seines Vaters verstärken und weniger als Teaching Professional tätig sein, so der Turnier-Initiator. Ab Oktober werde er nur noch ein bis zwei Tage pro Woche auf der Range unterrichten. „Das ist kein Grund zur Trauer. Damit ist schließlich die Nachfolgefrage geregelt“, freute sich der Senior.