Er ist ein bemerkenswerter Künstler. „Alain van Gils malt starke Bilder. Häufig geht es um Tiere, manchmal um faszinierende Golfmotive“, skizziert Kuzey Esener die Arbeiten seines Freundes und Mannschaftskameraden. Doch weit mehr: Der Kreative weiß als Single-Handicapper nicht nur an der Leinwand, sondern auch auf den Fairways und Grüns zu überzeugen. Dazu passt, dass sich der Vielseitige in der AK50-Mannschaft des Resorts Gut Wissmannshof engagiert.
In der Welt voller Farben
Wer als Betrachter in die überwältigende Welt voller Farben und Fantasie eintauchen und van Gils‘ außergewöhnliche Kunst erleben möchte, der kommt in dem kleinen Atelier in der Langen Straße 51 im Kasseler Stadtteil Bad Wilhelmshöhe voll auf seine Kosten. Dort präsentiert die außergewöhnliche Persönlichkeit mit einer bemerkenswerten Lebensgeschichte großformatige Werke, die häufig mit der Natur zu tun haben, in kräftigen Farben leuchten und die Seele berühren.
Jura? Nein, Danke!
In Deutschland geboren und zeitweise in Großbritannien aufgewachsen, verkörpert der Niederländer eine kulturelle Vielfalt, die sich in seinen Werken widerspiegelt. Seit der Kindheit von der Kunst fasziniert, träumte van Gils davon, einmal Maler zu werden. Der Weg dorthin verlief über Umwege, hatten seine Eltern doch die Karriere ihres Sprösslings eher auf dem Feld der Rechtswissenschaften (vor-)gesehen. Doch das Jurastudium brach er ab und arbeitete in unterschiedlichen Branchen. Seit mehr als 20 Jahren ist van Gils unter anderem als Coach für Führungskräfte tätig.
Mindestens ebenso bemerkenswert ist sein sportliches Talent. Und das auf verschiedenen Ebenen. Seine Teilnahme an den Olympischen Spielen 1992 im alpinen Skisport musste der Aktive leider aufgrund einer Verletzung absagen. Auch mit dem Tennisschläger fuhr der heutige Nordhesse große Erfolge ein. Unter anderem trainierte van Gils gemeinsam mit dem ehemaligen Wimbledon-Sieger Richard Krajicek. Mittlerweile stellt seine Leidenschaft für das Golfspielen die anderen Disziplinen deutlich in den Schatten.
„Meine Kirche und Religion“
Zu Beginn seines künstlerischen Weges malte der Autodidakt vor allem Bilder bzw. Porträts seiner Frau. Dann entdeckte er die Liebe zur Natur und begann, sich Tiermotiven zu widmen. Und schließlich rückte sein Hobby in den Fokus. „Ich liebe es, Golf zu spielen“, sagt der Kreative – und seine Augen leuchten. Der Platz sei seine Kirche, seine Religion. Wer die Begeisterung erlebt, glaubt ihm das aufs Wort.
Also probierte van Gils aus, wie die Sache mit „seiner Kirche“ künstlerisch gelingen könnte. Und siehe da, es klappte gar nicht schlecht. So widmete er sich zwei seiner Idole: Bobby Jones und Fred Couples. Bei dem Duo schaute sich der Holländer nicht zuletzt vieles rund um seinen Schwung ab.
Wenn am Ende des Prozesses wartet das Glück
Doch zurück zu Staffelei und Pinsel: Der Wissmannshofer Aktive machte sich ans Werk und malte ein Triptychon von Bobby Jones auf die Leinwand.
„Am Ende des Prozesses war ich unglaublich glücklich, dass das Experiment hingehauen hatte“, räumt er ein.
Von den Daumen über die Hände bis zum Schaft – alles an dem Dreiklang passt. Auch mit dem Ballkontakt und der dynamischen Release-Phase am Ende des Schwungs zeigt sich der Künstler zufrieden – nachdem er die Szenerie zuvor, während der Vorbereitung, rund 20-Mal skizziert hatte.
Am Ende wurde es die Golflegende
60 bis 70 Stunden, schätzt van Gils, habe er 2023 an dem Werk gearbeitet. Damit war der Bann gebrochen. Im Jahr darauf nahm er sich Fred Couples vor. „Eigentlich hatte ich an dem Tag geplant, ein Krokodil zu malen“, erinnert sich der schlanke Mann mit dem ausgeprägten Humor. Doch dann habe er die Idee verworfen, „schließlich hatte ich schon so viele Krokodile auf meine Art und Weise dargestellt“. Okay, statt dem Tier mit dem langen Maul und den scharfen Zähnen fand sich am Ende die Golflegende wieder. „Er ist der Mann mit dem schönsten Schwung aller Zeiten“, findet van Gils.
Alles hinter sich lassen
Was fasziniert ihn am Golfen? Es sei der zwangsläufige Fehler, meint er. Man müsse akzeptieren, dass es die perfekte Runde, das perfekte Spiel nicht gebe. Man könne sich den 100 Prozent nur annähern, erreichen werde man sie nie. Außerdem spiele man stets gegen sich selbst. Damit klarzukommen, sei der eigentliche Mythos der Sportart. Von seinem Sohn habe er viel für das Leben gelernt. Direkt dahinter rangiere Golf.
„Auf dem Platz habe ich einiges über mich selbst erfahren“, räumt der Künstler ein, der seit 43 Jahren an den kleinen weißen Ball schlägt. „Freunde treffen und mich in der Natur bewegen. Das sind zwei weitere wichtige Dinge rund um das Golfen“, erklärt er.
Darüber hinaus könne er auf der Bahn alles andere los- und hinter sich lassen.
Ein Story zwischen Tennis, Skifahren und Golf
Welche weiteren Sportarten ihn interessier(t)en? Ganz klar, es sind Tennis und Skifahren. Letzteres ist für einen Holländer, der in flachen Landschaften aufwächst, eher untypisch. „Das stimmt“, bestätigt der Vielseitige. Zweimal im Jahr reisten seine Eltern und er während den Kinder- und Jugendtagen gemeinsam in die Berge und gingen dort auf die Bretter, die van Gils viel bedeuten.
Rippenbruch versus Olympia
Später, nach dem Abitur, so der Plan, sollte der Sohn eines Rechtswissenschaftlers Jura studieren. Das wiederum lag dem Youngster jedoch ganz und gar nicht.
So wandte er sich recht widerwillig den Gesetzen und ihrer Auslegung zu. Um das Ganze nach drei Monaten hinzuwerfen.
Anstatt auf sein Lieblingsfach Kunst umzusatteln, was ihm immer schon durch den Kopf gegangen war, sagte der Studiosus der Hochschule kurzerhand Ade – und fuhr nach Val D‘Isere in die Berge. Dort kam ihm der Zufall zu Hilfe: Ein Trainer der französischen Nationalmannschaft beobachtete, wie rasant der Holländer die Pisten hinunter jagte. Beide kamen ins Gespräch. Der Coach zeigte sich beeindruckt und rief seinen Kollegen aus dem Oranje-Team an. Den fragte er, ob er eigentlich wisse, was für einen ungeschliffenen Diamanten er in seinen Reihen habe.
Doch zunächst klappte es nicht mit dem Eintritt ins holländische Team. So erhielt van Gils die Chance, weiterhin mit den Franzosen zu trainieren. Das dauerte bis zu dem Zeitpunkt, als er so gut war, dass er für sein Heimatland fahren durfte. Doch dann spielte das Schicksal dem aufstrebenden Ass einen derben Streich: Van Gils verletzte sich beim Training, er brach sich eine Rippe.
Das Malheur verhinderte es, dass das alpine Talent bei den Olympischen Spielen 1992 in Albertville an den Start gehen konnte!
Der Spiegel der Seele
Regelmäßig trifft sich Alain van Gils mit seinem Wissmannshofer Freundeskreis und Team – zum Training und zur gemeinsamen Runde. Patrick Paul, Karsten Schwartz, Jürgen Wittich, Kuzey Esener, Martin Kersten und Arne Hügli zählen zu dem Kreis. Einige von ihnen treten in der AK50-Mannschaft an. Der Holländer spielt meist mit orangen Bällen. Was sonst?
Hügli: „Alain merkt man an, dass er von klein auf Golf spielt. Er hat einen wunderschönen Schwung und ist sehr konzentriert sowie fokussiert bei der Sache.“
Mit ihm zusammen auf die Runde zu gehen, mache einfach Spaß.
Umso mehr freut sich der Wissmannshofer, oft mit seinem Freund in einem Flight unterwegs zu sein. Dazu gehöre es auch, Emotionen zu zeigen – negative wie positive.
Die Mannschaft trifft sich, über ihre Heim- und Auswärtsspiele hinaus, einmal pro Jahr zu einem gemeinsamen Wochenende. So ging es 2024 beispielsweise für vier Tage in die Region Lüneburg. An dem verlängerten Wochenende lernten die Aktiven unter anderem die Anlage Schloss Lüdersburg kennen.
Martin Kersten wendet sich einmal mehr der Kunst zu: „Beeindruckend finde ich, was Alain auf die Leinwand bringt. Dass er viel auf dem Kasten hat und eine besondere Persönlichkeit ist, merkte ich rasch.“
Kunstwerke voller Emotion
Van Gils sei ein exzellenter Golfer und verstehe es, ausgiebig zu feiern. Dessen Tierbilder reißen Kersten fast zu Tränen hin. „Ich kann da mitfühlen. Wenn ich die Werke ansehe, dann vollziehe ich geradezu ihre Emotionen nach, die sie just in dem Moment geprägt haben müssen, als Alain sie gemalt hat“, unterstreicht Kersten.
Man müsse nur, ergänzt Kersten mit Blick auf das Bild an der gegenüberliegenden Wand, „in die Augen des Orang Utans dort drüben schauen“. Damit trifft er den Kern der Sache – nicht zuletzt aus der Sicht des Künstlers. Das Wichtigste seiner Arbeiten seien die Augen, unterstreicht der Kreative. Die Augen sieht van Gils als „den Spiegel der Seele“.
Name für jedes Tier
Im Moment der Reportage vor Ort ist das Bild von Fred Couples noch nicht vollendet. Der Kreative will das Werk anschließend kolorieren. Dazu kniet er sich auf den Boden – wo er sich üblicherweise zum Arbeiten ausbreitet. Oft widmet sich van Gils seinen Objekten in mehreren Etappen. Gerade dann, wenn ihm die Ideen ausgehen. In dem Fall malt er an einem anderen Bild weiter, um später zum Ausgangspunkt zurückzukehren.
Golfer zu zeichnen und zu malen, erlebt er als Spaß. Das sei pure Entspannung. Ganz anders ergeht es ihm, wenn er Details an Tieren gestaltet. Letzten Sonntag, berichtet van Gils, habe er sich zehn Stunden mit einem Auge beschäftigt – der Seele des Objekts, wie er findet. „Das ist harte Arbeit“, betont der Künstler, der allen seinen Tieren Namen verpasst – zum Beispiel George.