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Von Jessicas kleiner Schwester zur Nummer 1 der LPGA

Nelly Korda gehört zu den Athletinnen des vergangenen Jahres.
Nelly Korda blickt auf das Jahr 2024 als ein Jahr der Lektionen zurück, welches sie jedoch auch belohnt hat. Es gab gutes, aber auch schlechtes Golf. Doch insgesamt äußert sie: "2024 war definitiv ein Lernjahr für mich!"

Auf den ersten Blick eine gewöhnliche Situation für Tiger Woods: Ein junger Fan bittet ihn am Rande des Platzes etwas schüchtern und in Begleitung des Papas um ein gemeinsames Selfie. Bei den PNC Championships, dem alljährlichen „Familien-Vierer“ der PGA-Profis zum Saisonende, ist die Stimmung entspannt, so dass während des 2021er Events nicht nur Besucher und Fans, sondern auch eine Turnier-Teilnehmerin all ihren Mut zusammennahm, um sich ihren Herzenswunsch zu erfüllen: Ein Foto mit Tiger!

Ein Foto mit Tiger Woods

In ihrer Aufregung berichtete die junge Dame ihrem Idol dabei prompt auch gleich von ihrem Birdie, den sie kurz zuvor ganz allein, also ohne Papas Hilfe; an der Bahn 3 eingelocht hatte.

Das eigentlich bemerkenswerte an dieser Szene: Die junge Frau, die sich hier ein Selfie mit dem PGA-Star wünschte, steht Ende 2021 selbst bereits seit 17 Wochen auf dem ersten Platz der Damen-Weltrangliste und hat im selben Jahr mit den LPGA Tour Championships ihren ersten Majortitel gewonnen. Aber nun freut sie sich wie eine Schneekönigin über ihr Foto mit Tiger Woods.

Nelly Korda: Mit Papa im Team beim PNC

Sehr richtig, die junge Frau heißt Nelly und ist „die kleine Tochter“ von Petr Korda, den Tennisfans natürlich als Gewinner der Australian Open von 1998 noch gut kennen. An jenem Wochenende trat Nelly Korda gemeinsam mit ihrem Vater in dieser ProAm Konstellation als Team Korda (mit dem Papa als Amateur) beim PNC an und belegte den 15 Platz, was anlässlich des erbeuteten Fotos aber völlig zur Nebensache verblasste.

Jessy Kordas kleine Schwester

Wenn nicht als die Tochter von Petr, so wurde Nelly noch wenige Jahre zuvor eher als die kleine Schwester von Jessica Korda erkannt. Jessica ist fünf Jahre älter und schon seit 2011 auf der LPGA-Tour am Start. Nelly wurde dadurch bei Turnieren schon ganz jung von ihrer Schwester mit „inside the ropes“ genommen und konnte sehr früh wichtige Einblicke ins Tourgeschehen mitnehmen.

Noch als Amateurin schaffte Nelly 2013 erstmals den Cut bei einem Profiturnier, und das gleich bei den U.S. Women's Open, dem ältesten Major der LPGA, als Vierzehnjährige. Das Profisport-Gen ist unter allen Mitgliedern der Korda-Familie besonders ausgeprägt. Die Mama ist die tschechische Tennisspielerin Regina Rajchrtová und auch der ein Jahr jüngere Bruder Sebastian spielt professionell Tennis.

Wenn Golf im Mittelpunkt steht

Bei den Mädchen stand aber von Beginn an Golf im Mittelpunkt des Interesses. So wechselte auch Nelly schließlich 2016 in das Lager der Golfproetten. Seit 2017 gehört sie als Spielerin der LPGA an. Spätestens mit dem Verlauf der Saison 2021 trat Nelly Korda aus dem Schatten ihrer erfolgreichen Geschwister und Eltern heraus und etablierte sich zur führenden Golferin der USA. Drei LPGA Siege in der Saison, Ranglistenerste in den Rolex Rankings und die Goldmedaille bei Olympia in Tokio gehörten 2021 bereits zu ihren Erfolgen.

„Nelly hatte keine Wahl...“

Auf die Frage, wie die Korda Schwestern aus einer Tennis-Familie schließlich beim Golfspiel gelandet sind, betonte Jessica, dass sie schon früh ihre Präferenz für den Golfsport entdeckt habe und hier von ihren Eltern auch immer gefördert wurde.

„Nachdem ich mich dann für Golf entschieden hatte, hatte Nelly keine andere Wahl und musste natürlich auch Golf spielen.“

„Ja, ich war wohl die Kleine, die der großen Schwester immer in allem nacheifert,“ gab Nelly damals im Interview zu. Das innige Verhältnis zwischen den Schwestern besteht bis heute. Beim Solheim Cup 2019 bildeten sie bei den Vierern das erste Geschwister-Team der Geschichte des Wettbewerbs und holten insgesamt 4 Punkte für den damaligen Sieg der USA.

Ein Jahr der „Anpassungen“

Auch wenn Sportvermarkter natürlich längst vom blonden Geschwisterpaar getriggert waren, ließen sich die Korda-Schwestern auch im Erfolg keinerlei Starallüren anheften. „Respekt und Höflichkeit gehörten immer zu unserer Kindererziehung,“ so Nelly Korda.

Eine Bodenständigkeit, die sich in schwierigen Karrierephasen als Fixpunkt erweist. Zum Beginn der 2022er Saison wurde bei Nelly ein Blutgerinsel im Arm entfernt und folglich einige Monate Golfpause verordnet. Rückenprobleme bei Jessica unterbrachen die Karrierepläne der großen Korda hingegen Anfang 2023 überraschend bis auf weiteres ganz.

Nellys Rückkehr auf die Tour, erstmals ohne die tägliche Anwesenheit der großen Schwester, erlebte sie selbst als eine besonders schwierige Zeit. „In 2023 spürte ich eine große Anpassung, als Jess sich im Mai verletzte, und ich sie draußen nicht mehr bei mir hatte. Ich bin eher introvertiert, aber Jess war immer eine Art Puffer, so dass ich mich nie einsam fühlte. Ich spürte definitiv, wie glücklich die Tage waren, als ich sie bei mir hatte.“ 

Das Jahr von Tante Nelly

Umso stärker kam Korda in der 2024er Saison zurück. Der frühe Sieg im Januar an ihrem Geburtsort in Brandeton (FL) war nur der Auftakt. Im Februar brachte Jessica ihren Sohn Grayson zur Welt, Nelly wurde Tante. Die darauf folgenden fünf Tour-Siege in Folge und mit dem Sieg ihres zweiten Majors bei den Chevron Championships, katapultierten Nelly Korda bis auf weiteres und mit aktuell großem Abstand an den Olymp des US amerikanischen „Damengolfs“. Wenngleich Olympia selbst in diesem Jahr keinen fruchtbaren Boden für die Amerikanerin darbot. Ein Patzer am 16. Loch auf dem Pariser Course Le Golf National wuchs sich von der kleinen zur großen Katastrophe aus und ließ Nelly, wir konnten es alle im Free-TV verfolgen, chancenlos für den Rest des olympischen Turniers weit hinter Lydia Ko und Esther Henseleit zurück.

„2024 war ein Jahr der Lektionen und es hat mich so sehr belohnt. Es gab gutes, aber auch schlechtes Golf von meiner Seite. Und ich bin Tante geworden. 2024 war definitiv ein Lernjahr für mich.“

Beim 'The Annika' in Florida konnte Korda im November ihren bislang letzten Toursieg klarmachen, und das an dieser Stelle bereits zum dritten Mal in vier Jahren.

In diesen Tagen, Ende Januar, beginnt die neue LPGA-Saison in den USA und es bleibt abzuwarten, welche Entwicklung die junge Amerikanerin im Golfsport und nicht zuletzt als Botschafterin für den Sport noch erreichen kann.

Autor: Thorsten Leitl
Fotonachweis: Chatchai Somwat, Dwong19, Dreamstime.com
Leckeres und ein fantastischer Blick
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