Ende August hatte Deutschland die World Transplant Games zu Gast. Athleten und Teams aus 60 Ländern kamen in Dresden für eine Woche zu ihren Wettkämpfen zusammen. An sechs Tagen traten sie in 17 verschiedenen Sportarten an. Für Golfer Godehard Gerhardy markierte das Event ein Highlight der sportlichen Karriere. In seiner Klasse holte sich der Spieler vom Club Rittergut Rothenberger Haus die Silbermedaille – und avancierte damit zum Vizeweltmeister.
Gute Vorbereitung für den Einzelwettbewerb
„Es war ein einmaliges Erlebnis“, blickt der Eichsfelder zurück. Er habe sich im Vorfeld gut vorbereitet, insbesondere auf den Einzelwettbewerb. Das zahlte sich aus: „Ich habe fast fehlerfreies Golf gespielt. Ansonsten wäre es am Ende sicherlich nicht der zweite Platz geworden.“ Am Tag darauf, in der Vierer-Konkurrenz, erreichte er nicht seine Bestform und „spielte um Längen schlechter“. Gerhardy räumt ein: „Da war der Kopf ziemlich leer und ich körperlich irgendwie platt."
Einziger Deutscher in der AK 60
Nach 18 Bahnen musste sich der 64-Jährige im Einzel lediglich dem Schweden Peter Sahlin beugen, der 22 Bruttopunkte gesammelt hatte. Gerhardy folgte mit 21 Zählern und verwies den Briten Robert Bushey (20) auf Rang 3. Dahinter rangierten mit Paul Brabban, Michael Blee, Paul McCrystal und Tom O’Reilly vier weitere Sportler von der Insel. In seiner Altersklasse (60 bis 69 Jahre) war Gerhardy der einzige Deutsche.
Anspruchsvolle 18 Loch-Anlage
„Mit meiner Leistung bin ich absolut zufrieden“, fasst er zusammen. Den Platz in Dresden-Ullersdorf erlebte er „als recht langen Kurs“. Die Anlage verfüge über viele Bunker- und Wasserhindernisse, „was das Spiel mitunter kompliziert macht“.
Den besonderen Reiz der Veranstaltung sah er darin, dass sich transplantierte Athleten aus aller Welt beteiligten. Die Kommunikation und der Austausch zwischen den Aktiven sei intensiv gewesen, „wir trafen uns während der Wettkämpfe und zwischendurch immer wieder im Internationalen Congress Centrum“. Um ein Haar wäre Gerhardy gar nicht in Dresden angetreten. Erst ein Golffreund hatte ihn auf die Veranstaltung aufmerksam gemacht. Ihm waren die Hinweise auf das Event im Internet aufgefallen.
Tochter Emma als Caddy
So meldete sich der Niedersachse an und reiste gemeinsam mit seiner Tochter Emma in die Metropole an der Elbe. Sie begleitete ihn als Caddie auf der Runde.
Gerhardy: „Das war schon besonders. Denn ich hatte jemanden an meiner Seite, der mir total die Daumen gedrückt hat.“ Toll sei es gewesen, mit Emma die fünfeinhalb aufregenden Stunden gemeinsam über den Platz zu gehen.
Zweimal neue Spender-Niere
Während der fordernden 18 Bahnen wird Gerhardy kaum an seine sorgenvollen gesundheitlichen Phasen gedacht haben. „Diese begannen 1993 als ich dialysepflichtig wurde“, erinnert er sich. Fünf Jahre später ließ sich der Eichfelder erstmals 1998 transplantieren. Die Sache mit der Spenderniere lief zunächst gut. Doch dann traten Probleme auf. So musste er sein Blut zwischen 2008 und 2014 erneut via Dialyse reinigen lassen, bevor die zweite Transplantation folgte.
Vom Tennis zum Golfsport
Nachdem er zuvor intensiv Tennis gespielt hatte, wandte Gerhardy sich 2010 dem Golfsport zu. Die neue Leidenschaft packte den Aktiven mit voller Wucht. Heute zieht es ihn durchschnittlich viermal in der Woche auf die Anlage. Er genießt den Sport am Rothenberger Haus, „weil ich mich dort wohlfühle, ich fast immer freies Spiel habe und der Platz quasi um die Ecke liegt“. Insofern bedeutet ihm sein Hobby viel. Er mag die Bewegung in der Natur und die in der Regel schön gelegenen Golfplätze.
„Außerdem treffe ich dort Gleichgesinnte und Freunde“, macht Gerhardy deutlich.
Gute Chancen für einen weiteren Start
Vor dem Hintergrund stehen die Chancen gut, dass der aktuelle Vizeweltmeister bei den nächsten World Transplant Games in zwei Jahren im belgischen Leuven wieder mit von der Partie sein wird. Allerdings, räumt Gerhardy ein, habe er die Latte mit dem zweiten Platz ziemlich hochgelegt.
„Ich bin gespannt, ob ich nochmals an die Leistung anknüpfen kann“, formuliert er zurückhaltend. Andererseits gebe es „auf jeden Fall noch ein wenig Luft nach oben“.
Eine emotionale Abschlussfeier
Nach sieben Tagen voller Sport, Emotionen und bewegender Geschichten gingen die 25. World Transplant Games in Dresden feierlich zu Ende. Manche Athleten und Gästen bezeichneten sie als die „Best Games Ever“. Mit den letzten Medaillenentscheidungen in der Leichtathletik, dem „Circle of Life“, der symbolischen Übergabe des „Baton of Life“ an das belgische Leuven, den Austragungsort 2027, sowie viel Prominenz verabschiedete sich das beeindruckende Event.
Am Nachmittag waren die letzten Entscheidungen in der Leichtathletik gefallen.
Auf der Bahn und im Stadion wurde bis zum Schluss gekämpft, um den Medaillenspiegel zu beeinflussen. Hier hatte Großbritannien, das Land mit den meisten Teilnehmern (266), die Nase vorn. Die Briten erreichten 173 Gold-, 132 Silber- und 98 Bronzemedaillen. Es folgte die deutsche Mannschaft (187 Teilnehmer) mit 74 Mal Gold, 74 Mal Silber und 57 Mal Bronze. Auf Rang 3 landete Team USA (110 Teilnehmer – 56, 40, 50).
Traditionell bildeten die Athleten zum Abschluss der Wettkämpfe die Menschenkette „Circle of Life“, liefen aufeinander zu und schlossen sich im Heinz-Steyer-Stadion zu einem Kreis zusammen. Der „Baton of Life“ wanderte symbolisch nach Leuven, wo 2027 die nächsten World Transplant Games stattfinden werden. Den festlichen Schlusspunkt setzte das Gala-Dinner, bei dem Athleten, Familien, Unterstützer und Organisatoren die Woche Revue passieren ließen und gemeinsam feierten.
Ärzte begleiten Veranstaltung
Der Dachverband, die World Transplant Games Federation (WTGF), sowie die nationalen Organisatoren zogen ein positives Fazit. „Dresden war ein wunderbarer Gastgeber”, unterstrich Liz Schick, Präsidentin der WTGF. Sie sei überwältigt von dem, was in einer Woche passiert sei.
„Wenn in Folge der eine oder andere in der Öffentlichkeit ernsthafter über die Organspende nachdenkt, haben wir viel erreicht“, sagte Gudrun Manuwald-Seemüller, Vorsitzende von TransDia Sport Deutschland.
Ihr Stellvertreter Dr. Eberhard Schollmeyer erklärte: „Unsere Gäste sind begeistert, das haben wir immer wieder gehört. Sie haben gespürt, dass sie hier richtig willkommen sind.“ Er hob die fantastischen Wettkämpfe im Schwimmsportkomplex als Highlight hervor, ebenso den Triathlon und die emotionale interkulturelle Feier in der Frauenkirche zum Auftakt der Spiele. Für die wichtige medizinische Absicherung sorgten Ärzte und das medizinische Personal des Universitätsklinikums Dresden und des lokalen Städtischen Klinikums.
„Das medizinische Team war sehr stark und gut organisiert. Wir konnten sicherstellen, dass die Athleten bei Bedarf innerhalb kürzester Zeit die für sie mit ihrer Transplantationsgeschichte optimale medizinische Versorgung erhielten“, berichtet Chefarzt Dr. Mark Frank.
Die Betreuung habe von verschwundenen Medikamenten (verspätetes Fluggepäck) bis hin zur Wundversorgung in Folge von Radstürzen gereicht.
„Auch die vielen freiwilligen Helfer haben Unglaubliches geleistet und waren mit viel Herz dabei. Nicht zuletzt geht ein Riesen-Dankeschön an alle Sponsoren und Partner, die uns in dieser Zeit zur Seite gestanden haben und die tollen Spiele unterstützt haben”, ergänzt Dr. Eberhard Schollmeyer.
Organspende-Ausweise verteilt
Auch in Zahlen können sich die Spiele sehen lassen. 2.500 Athleten, Familien, Unterstützer aus 51 Teams aus aller Welt waren nach Dresden gekommen und hatten um Medaillen gekämpft. Symbolisch festgehalten wurden „5.953.928 geschenkte Tage“ und „16.312 geschenkte Lebensjahre“. Der älteste Teilnehmer, der 89-jährige Mike Gibbons, kam aus Großbritannien – der Jüngste, mit gerade einmal fünf Jahren, aus Deutschland.
Parallel nahmen rund 120 Ärzte und Fachleute an zwei Tagen am begleitenden IPSOT Medical Symposium teil (Titel: „The Impact of Physical Activity Before and After Solid Organ Transplantation"). Für Aufsehen sorgte die bis dato größte Einzelverteilaktion von Organspende-Ausweisen in Deutschland. Gemeinsam mit der Sächsischen Zeitung brachten die World Transplant Games rund 100.000 Exemplare ins Verbreitungsgebiet des Regierungsbezirks Dresden. Weitere bis zu 20.000 Ausweise wurden in Folgeausgaben verteilt.
Schirmherrin Elke Büdenbender
Unter den Ehrengästen reihten sich Schirmherrin und First Lady Elke Büdenbender sowie WTG-Botschafter Roland Kaiser ein, die beide ihre persönlichen Transplantationsgeschichten nach Dresden mitbrachten. Büdenbender hatte 2010 eine Niere von ihrem Ehemann erhalten, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.
„Was die Menschen hier für eine Kraft haben, ist großartig. Es gab Standing Ovations für alle, die einfach bis zum Ende gelaufen sind. Das inspiriert und macht Mut“, erklärte sie.
Roland Kaiser war ebenfalls 2010 durch eine Lungentransplantation gerettet worden. „Es ist beeindruckend, wie das Gefühl von Fairness hier gelebt wird. Ein Signal voller Vitalität und Lebenskraft. Am Ende ist es auch eine Kunst der Medizin. Das sehe ich an meiner Lunge. Sie funktioniert hervorragend. Ich kann meine Arbeit so gut machen wie nie zuvor“, berichtete er.
Ob Kaiser damit richtig liegt, davon werden sich die Nordhessen und Südniedersachsen demnächst selbst und live überzeugen können. Denn der Sänger hat sich zum Konzert in der Region angesagt. Am Samstag, 20. Juni 2026, wird Kaiser unter freiem Himmel auf dem Kasseler Friedrichsplatz auftreten. Ob Godehard Gerhardy unter den Fans sein wird? Das lässt der Vizeweltmeister vom Rothenberger Haus derzeit noch offen.