Lieber Herr von Düring, Sie sind Autor, Unternehmensberater, Unternehmer und Familienvater. Sie sind ehrenamtlich tätig und sind sogar Mental Coach für die deutsche Golf-Nationalmannschaft. Das klingt alles mehr als spannend und nach einem vollen Terminkalender.
Wie bringen Sie das alles unter einen Hut?
von Düring: Ich bin ja nun im zwanzigsten Jahr freiberuflich selbstständig und habe sehr schnell gelernt die Prioritäten auf die Dinge zu setzen, die gute Ergebnisse bringen: kein Blatt Papier zweimal in die Hand nehmen, Wichtiges vor Dringlichem erledigen, in Blöcken arbeiten, keine Push-Nachrichten, investieren statt konsumieren – und ausreichend Ruhepausen einlegen. Und auch dann weiterzumachen, wenn es mal mühsam wird. Glauben Sie mir, die ersten fünf Jahre waren schrecklich: wenig Aufträge, viele Absagen. Ich habe mein Wirken aber immer als höchst sinnvoll erlebt und als Bereicherung gesehen, und auch wenn ich abends natürlich mal platt bin, so ist es doch ein schönes und erfüllendes Arbeits- und Privatleben. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich mal einen wirklich schrecklichen Arbeitstag hatte.
Selbst-Management – kann man so etwas lernen? Oder muss man dafür ein Talent haben?
von Düring: Es gibt ja verschiedene Charaktertypen: der eigenständige und beständige Typ hat es sicherlich leichter, er liebt eher die Ordnung und die Klarheit und Geradlinigkeit. Der bringt das sozusagen mit. Und es gibt natürlich bestimmte Techniken, die wir uns aneignen können: richtiges Priorisieren, Ordnungssysteme anlegen, Fokussieren auf gute Gewohnheiten. Da geht schon einiges. Der Freigeist wird sich allerdings schwertun und solche Systeme und Techniken möglicherweise als zu eng empfinden. Für Geschäftsleute halte ich organisatorische Fähigkeiten allerdings für unabdingbar. Ich habe schon einige künstlerisch und kreativ hochbegabte Menschen gesehen, die sich leider völlig verzettelt und die Selbstständigkeit vor die Wand gefahren haben.
Gibt es eine Technik, mit der Sie sich trainieren?
von Düring: Ich nutze ein Erfolgsjournal, da schreibe ich an 5 bis 6 Tagen in der Woche rein, worauf ich mich freue, wofür ich dankbar bin und welchen Tagesfokus ich setze. Dazu führe ich dort einen „Gewohnheitstracker“ (z.B. täglich 20 Minuten lesen, 20 Minuten Atem- und Visualisierungsübungen, 20 Minuten Fitness) und eine „Relax-Liste“ (Sauna, schönes Abendessen, Freunde treffen). Das Ausfüllen dauert 5 bis 8 Minuten, so ein Journal soll ja helfen und nicht in Stress ausarten. Yoga habe ich auch mal probiert, das war mir aber doch etwas zu öde, da bin ich dann auf die Range gefahren und habe 200 Bälle am Stück geschlagen, das war super.
Warum ist Golf für Sie in diesem Zusammenhang wichtig?
von Düring: Okay, wie viel Zeit haben wir....? (lacht). Eine Golfrunde ist ein Abbild des Lebens: ich erlebe Enttäuschung, bin schrecklich traurig, frustriert, habe furchtbare Angst (es ist doch nur ein Wald!) und erlebe mich als überschwänglich freudig – und das alles liegt so nah beieinander.
Ich fühle mich manchmal ohnmächtig auf dem Golfplatz nach grauenhaften Schlägen, ich werde dann ganz klein und demütig und stelle fest: ich habe hier ja überhaupt nichts unter Kontrolle. Und dann passiert etwas ganz Großartiges: In der Akzeptanz meiner eigenen Ahnungs- und Bedeutungslosigkeit kann ich dann völlig loslassen und dann läuft das Spiel richtig gut. Das kennen Sie, oder? Es ist auch so, dass ich das Gefühl habe, dass ich immer weniger weiß und verstehe, je länger ich durchs Leben gehe. Als 20-jähriger konnte ich Ihnen die gesamte Welt erklären, das ist heute nicht mehr so.
Trotzdem wurden Sie Mental Coach für die Jungen- und die Herren Golf-Nationalmannschaft. Wie gehen Sie diese Aufgabe an?
von Düring: Diese Aufgabe ist ein ganz großartiges Privileg, für die mich Bundestrainer Christoph Herrmann in sein Team geholt hat. Ich beschäftige mich bereits im Vorfeld viel mit einem Spieler: ich lese seine Erfolge nach, schaue mir an, wo er aufgewachsen ist, wann er angefangen hat mit Golf, wer seine Vorbilder sind, für welchen Verein er spielt, was sonst noch seine Interessen sind. Ein guter Beziehungsaufbau zwischen Coach und Spieler ist essenziell. Wenn die Beziehung nicht stimmt, können Sie die Zusammenarbeit vergessen, das wird dann nichts. Dazu erarbeite ich Konzepte, um das gesamte Team inkl. des Betreuerstabes im Inneren zu stärken und den Bundestrainer in seiner Rolle und Funktion zu unterstützen, das gehört alles mit zum Aufgabenprofil eines Mentaltrainers.
Was geben Sie den Golfern vor einem Turnier mit an die Hand?
von Düring: Auf dem Hardenberg habe ich damals als Golf-Club Geschäftsführer den Greenfeegästen beim Check-in einen kleinen Hardenberg-Schnaps in die Hand gedrückt. Da haben wir dann immer gelacht. Und tatsächlich ist Humor eine der menschlichen Fähigkeiten, die schon so manche schwierige Situation erträglich gemacht haben. Schauen Sie doch mal, wie oft Scottie Scheffler während einer Runde lacht und wie ausgeglichen und rund der Kerl mit sich und der Welt wirkt. Neben seinem Talent und seiner Arbeitseinstellung ist Freude die Basis seines Erfolges.
Ansonsten arbeite ich mich in die individuell vorhandenen Stärken eines Spielers vor einem Turnier hinein: Was kann ich besonders gut? Worauf kann ich mich verlassen? Welchen Plan habe ich, wenn es nicht so gut läuft? Routinen und Rituale geben einem Spieler Sicherheit. Irgendwann wird anfänglich dysfunktionale Nervosität zu positiver, freudvoller Aufregung und einem produktiven Verhältnis zwischen Anspannung und Entspannung. Spitzenamateure und Profis haben das internalisiert, der Breitensportgolfer setzt noch lieber auf die Magie des neuen Drivers für 600 Euro als auf die innere Stärkung. Aber immer mehr Hobby-Golfer klopfen mittlerweile auch an den Türen der Mentalcoaches an.