
Die PGA-Tourspieler Rory McIlroy und Tiger Woods präsentieren in diesen Tagen in Florida eine völlig neue Golf-Liga. Die TGL (Tomorrow Golf League) hat wenig gemein mit dem, was man im Golfsport kennt. Zu den Investoren der neuen Liga gehören Sportikonen wie Lewis Hamilton und Serena Williams wie auch Sänger Justin Timberlake
Man kann ihnen ja nicht vorwerfen, dass sich die Jungs von der PGA-Tour nichts einfallen lassen würden, seit vor drei Jahren mit LIV-Golf ein Spielverderber in die heile Welt des amerikanischen Profigolfsports einbrach. Jahrzehntelange Traditionen wurden plötzlich obsolet, ein PGA-Star nach dem anderen folgte den Verlockungen überquellender, arabischer Preisgeldtöpfe. Man sah sich mit etwas konfrontiert, das man auf den besten Fairways der Welt bislang nicht kannte: Konkurrenz. Für die PGA galt es eine Führungsposition im weltweiten Golfsport zu verteidigen und neue Zielgruppen zu gewinnen. Neue Konzepte mussten her.
TGL startet mit einem Jahr Verspätung
Vor gut einem Jahr war in einer Randnotiz zu lesen, dass das Tragluftdach des im Bau befindlichen Sofi-Centers in Palm Beach Garden (FL) aufgrund eines Stromausfalls eingestürzt sei. Damals mochte sich kaum jemand vorstellen, welches Spektakel hier veranstaltet werden soll. Durch diesen Vorfall ist die neue Indoor-Golfliga TGL, nunmehr ein Jahr später als geplant, schließlich am 7. Januar gestartet. Woods und McIlroy stellen hier alles auf den Kopf, was dem altehrwürdigen Golfsport heilig ist. Die „Screen Zone“ der Arena verfügt über ein gigantisches 1.000 Zoll Display (19,5 x 16,15 Meter) auf welches die PGA-Profis aus 30 Metern Entfernung ihre Bälle schlagen. Es gibt Schlagbereiche aus natürlichem First Cut, Rough und mit Bunkersand aus Augusta, um die Spielsituation möglichst realistisch zu halten. Mindestens acht Hochgeschwindigkeitskameras erfassen den Schlag in Echtzeit und projizieren den Ballflug samt Rollphase realitätsgetreu auf den fiktiven Fairway. Erreicht man am Bildschirm das Grün, geht es in der anderen Hälfte der Arena weiter.
Wie ein riesiger, atmender Alien
Auf dieser Seite, der „Green Zone“, wartet ein Kunstrasen-Grün mit Bunkern, Hügeln und Approachbereich, das auf 567 hydraulisch veränderbaren Elementen steht und in sich komplett rotieren kann. Jede virtuelle Spielbahn bekommt hier ein eigenes reales Grün mit individuellen Slopes, wechselnden Pin-Positionen und eigenem Schwierigkeitsgrad. „Es sieht aus wie ein atmender Alien“, bemerkte ein begeisterter Justin Thomas beim ersten Rundgang durch die Arena.
Teamwettbewerb im Prime Time Fenster
Wer nun annimmt, es würden die bekannten Plätze im üblichen Turniermodus simuliert, liegt falsch. Bei TGL steht die Show im Vordergrund. Ähnlich wie beim LIV Golf-Konzept sind hier sechs Teams gebildet worden, die verschiedene Orte in den USA repräsentieren sollen. Von Januar bis März werden an jedem Dienstag zwei Teams im Lochspiel über 15 Loch gegeneinander antreten. Jedes Team besteht aus vier Spielern von denen drei in der Arena stehen. Die ersten neun Loch werden in Triples ausgetragen, wobei die Spieler eines Teams ihren Ball nacheinander ab- und weiter schlagen. Die restlichen sechs Loch werden Mann gegen Mann in Einzelmatches ausgespielt. Die Spielbahnen sind allesamt mit künstlicher Intelligenz generiert und bieten teilweise atemberaubende Panoramen, von Lava umgebene Inselgrüns inklusive. Ein Match dauert nie länger als zwei Stunden, die Aufmerksamkeitsspanne, die man der Generation TikTok noch zuzutrauen gedenkt. ESPN überträgt die Matches zur besten Sendezeit Live im TV und via Stream. In Deutschland hat sich Sky Sport die Ausstrahlung des Spektakels gesichert.
Tomorrow Golf League als Additiv zur PGA-Tour
Parallel zur TGL werden die Turniere der PGA-Tour wie gewohnt an den Wochenenden über die üblichen vier Runden gespielt. TGL Initiator Rory McIlroy erklärte die Idee hinter dem Konzept im Interview: „Für uns war immer klar, dass wir mit TGL als Ergänzung zur PGA-Tour zu sehen sind. Wir wollen hochklassiges Golf präsentieren, aber es ist eine völlig andere Art von Golf als die, die die Fans Woche für Woche auf der Tour erleben.“ Mit Blick auf den Tour-Konkurrent LIV betonte McIlroy, er glaube, dass deren Konzept einerseits nicht mehr mit traditionellem Golf vergleichbar sei, andererseits aber nicht innovativ genug ist, um etwas komplett Neues zu repräsentieren.
Eröffnungsmatch: Klare Angelegenheit für die Bay's
Auch wenn Woods und McIlroy beim ersten Match ihrer neuen Liga noch nicht selbst am Abschlag standen, waren sie als Beobachter und Kommentatoren natürlich dabei. „Ich kann noch nicht glauben, dass TGL Wirklichkeit geworden ist“, kommentierte Woods gegenüber der Presse. Zusammen mit 1500 Zuschauern konnten sie dann in der Halle ein Golfspektakel der besonderen Art verfolgen. Die Kontrahenten des ersten Matches: New York Golf Club gegen The Bay Golf Club. Shane Lowry vom The Bay Golf Club wurde die Ehre des ersten Abschlags der neuen Liga zuteil. Seinen präzisen Fairwaytreffer transportierte Wyndham Clark aus 90 Metern sicher auf das Grün, was durch Aufleuchten der Puttposition in der Green Zone bestätigt wurde. Ludvig Åberg zückte den Putter und lochte aus knapp drei Metern zum ersten Birdie und Punktgewinn des Teams aus der San Francisco Bay-Area ein. Von den New Yorkern rund um Rickie Fowler folgte nur bedingt Gegenwehr. Beim geteilten Loch 2 wurden keine Punkte vergeben und am dritten Loch setzten die Bay's erstmals den „Hammer“, was ihnen zwei anstelle von nur einem Punkt einbrachte. Dass die Jungs bei aller Ernsthaftigkeit Spaß bei der Sache hatten, konnte man nicht nur sehen, sondern über die Mikrofone der Spieler auch hören. Teamtalk ist ausdrücklich erwünscht. Den ersten Punkt für die New Yorker bereitete Matt Fitzpatrick mit einem sehenswerten Pitch aus der Approachzone vor. Der Ball landete am Ende des Grüns und rollte mit Backspin direkt zurück an den Stock; geschenkt zum Birdie. Das war das 1:6 aus Sicht des New York Golf Clubs. Am Ende entschieden die Bay's das erste Match der TGL aber mit 9:2 klar für sich.
9 Mio. Dollar Preisgeld für das Siegerteam
In dieser Woche stehen sich der Jupiter Links Golf Club mit Tiger Woods und Max Homa und der Los Angeles Golf Club u.a. mit Tommy Fleetwood gegenüber. Anfang März werden alle Teams gegeneinander gespielt haben, wonach die besten vier in die Playoffs gehen. Ende März wird der erste TGL Sieger gekürt werden. Aus dem mit 20 Mio. Dollar dotierten Preisgeldtopf kassiert das Siegerteam 9 Mio. Dollar. Für die Puristen und traditionellen Golfliebhaber ist indes klar: Solange wie frische Luft, ein blauer Himmel und grünes Gras auf dieser Welt existieren, kann, darf und wird TGL nicht die Evolutionsstufe des heutigen Profigolfs sein. Aber mit TGL kann sich eine neue Disziplin neben dem klassischen Golf etablieren, die geeignet ist, eine breitere und vor allem jüngere Zielgruppe für den Sport zu erreichen.
Das sind die Teams der TGL:
Jupiter Links Golf ClubTiger Woods (USA), Max Homa (USA), Kevin Kisner (USA), Tom Kim (Südkorea) Los Angeles Golf ClubTommy Fleetwood (England), Collin Morikawa (USA), Sahith Theegala (USA), Justin Rose (England) Boston Common Golf Rory McIlroy (Nordirland), Higemi Matsuyama (Japan), Keegan Bradley (USA), Adam Scott (Australien) The Bay Golf ClubShane Lowry (Irland), Ludvig Åberg (Schweden), Wyndham Clark (USA), Min Woo Lee (Australien) New York Golf Club Rickie Fowler (USA), Matt Fitzpatrick (England), Xander Schauffele (USA), Cameron Young (USA) Atlanta Drive GCJustin Thomas (USA), Patrick Cantlay (USA), Billy Horschel (USA), Lucas Glover (USA)
Die nächsten Matches (Übertragung bei Sky / Bild on demand):
15.01.25: 18:00 Uhr Los Angeles : Jupiter
22.01.25: 15:45 Uhr New York : Atlanta
29.01.25: 15:45 Uhr Jupiter : Boston
05.02.25: 15:45 Uhr Boston : Los Angeles